弦乐四重奏与琵琶作品
杨靖
FLAC|96kHz/24bit
规格: 9 首
流派: 古典乐
类别:其他
发布:2024/3/19
公司:NEOS
专辑价格: ¥128
YANG Jing wurde in China zu einer Zeit geboren in der die sogenannte Kulturrevolution, die von
1966 bis 1976 dauerte, ihre Kindheit in hohem Maße prägte. Diese löschte alle tradierte, soge
nannte bürgerliche Kultur in einem Maße aus, wie wir es noch heute kaum glauben können. Maos
Frau Jiang Qing postulierte, dass nur die proletarische Kunst und Literatur akzeptabel sei, welche
für sie ihren wirklichen Anfang erst 1963 hätte, wobei alles zuvor Geschaffene als verwerflich
und dekadent anzusehen sei. Als eine der vier führenden Köpfe der Kulturrevolution, welche spä
ter als Viererbande tituliert wurde, verantwortete sie maßgeblich den Versuch der Auslöschung
des kulturellen Erbes Chinas. Erlaubt waren nur noch sogenannte Musterstücke, sechs Peking
Opern und zwei Ballette, neu geschrieben zum Zwecke der Volkserziehung. Obwohl Mao Zedong
wenige Jahre zuvor die Tradition noch als einen »lebendigen Strom« bezeichnet hatte, ließ er
die seitens der Viererbande organisierte Kulturrevolution zu. Neben der geistigen Verarmung
brachte diese durch die grausame Liquidation eines großen Teils der sogenannten Eliten wie aller
vermeintlich und tatsächlich Andersdenkenden auch eine materielle mit sich; das mit der gesell
schaftlichen Transformation einhergehende Chaos führte zu Hungersnöten. Fast alle Künstler und
Musiker wurden als Teil des »Überbaus« ihrer eigentlichen Fähigkeiten beraubt und sollten über
in Lagern organisierte Feldarbeit »umerzogen« werden, damit das bisher vermittelte historische
Erbe wie jeglicher ausländische Einfluss ausgelöscht würde.
Vielleicht erklärt sich hieraus das Interesse von YANG Jing an chinesischer Tradition, wel
ches sich über ihr Instrument, die Pipa, und ihren Notensatz offenbart. Wie kaum einer anderen
chinesischen Komponistin gelingt ihr ein Amalgam aus westlicher und östlicher Klangsprache,
welches hier noch durch die Konfrontation von Pipa mit Streichquartett verdichtet wird. Diese
Besetzung steht fast sinnbildlich für das Aufeinandertreffen verschiedener Welten, welches im
normierten Kulturbetrieb allzu oft negiert wird.
Diese musikalische Konfrontation wird im ersten Werk Ein neuer Anfang durch Imitationen
eingeleitet, das Linke-Hand-Pizzicato der Streicher ahmt den Klang der Pipa nach, die auch als
chinesische Laute bezeichnet wird. Und im weiteren Verlauf ahmt die Pipa mit ihren schnellen
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Girlanden Streichergesten nach. Verbindendes Element ist das Singen der Silbe »Do«, welches
die instrumentalen Grenzen auflöst.
Im zweiten Werk Morning Song & Evening Poem geben die Streicher nach einer flächigen
Einleitung mit einem Flageolett-Satz die Aura vor. Die Komposition erinnert an Maurice Ravels
Soupir aus den Trois poèmes de Mallarmé. Wobei Ravel auch harmonisch durch die häufige
Verwendung von verminderten und übermäßigen Akkorden als Vermittler von westlicher und
östlicher Welt anklingt.
Im dritten Stück Identity geht es um Identitätsfindung, vielleicht auch um die menschliche
Existenz als solche. Die schnelle Geschwindigkeit, insbesondere der Pipa, lässt an den schnellen
Durchlauf des Lebens wie bei einem Todessturz denken.
Aufgefangen bewegt man sich im nächsten Werk Sunset Over Northern Heights in eher para
diesischen Gefilden, auch wenn diese in Moll gesetzt wurden. Und in The Silk Pipa Dance, dem
fünften Stück, werden die musikalischen Chiffren einer Peking-Oper angespielt. Insbesondere die
Glissandi lassen an theatralische Gesten denken.
In dem mit der Vortragsbezeichnung »joyfully« bezeichnetem Stück Jade In Strings befinden
wir uns in einem belebten Wechselspiel zwischen Pipa und Streichern, wobei jetzt die Pipa die
an Ravel erinnernden Flageolette des zweiten Werkes aufnimmt. Der Titel lässt vermuten, dass
dieses Wechselspiel sich aus diffusen Spiegelungen im Jadestein erklärt.
Singing Strings – Heart Swing bietet ein Spiel mit Tonfarben und singenden Streichern, auch
wenn diese, anders als im ersten Werk, nur im übertragenen Sinn singen.
In Silk Bamboo Strings spielen die Streicher mit Dämpfer, fast wie hinter einem Vorhang.
Die im Vordergrund agierende Pipa ahmt Streichergesten nach. Der Titel rekurriert auf den Stoff
und seinen strahlenden Glanz, der auch in der Klangfarbe aufgenommen wird.
Black Horse ist in chinesischen Tuschzeichnungen ein beliebtes Motiv, wobei das schwarze
Pferd mythologisch für Kraft und überragende Fähigkeiten steht. Nach einer ruhigen Einleitung
springt die Musik in einen kraftvollen Galopp und am Ende verabschiedet sich das Black Horse
mit einem Schnauben im dreifachen Forte. Ein letztes Aufstampfen bildet den Schluss des
Werkes, ein energisches Statement, als würde sich die Komponistin damit gegen die Widrigkeiten
der heutigen (Musik-)Welt stellen.
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Der Zyklus insgesamt ist in seiner Komplexität ein Meilenstein in der Literatur für Pipa, wel
che hier durch YANGs Virtuosität ihre immense Vielseitigkeit offenbart. Im Wettbewerb mit den
westlichen Streichinstrumenten bietet die Pipa ein bisher ungehörtes wie unerhörtes Potential,
welches uns musikalisches Neuland aufzeigt.
Am Ende der Kulturrevolution gab es in China die Kampagne »Beethoven kritisieren – Lin Biao
verurteilen«, welche die Musik von Beethoven und insbesondere die späten Streichquartette als
bürgerlich und dekadent verurteilte. YANGs Musik für Streichquartett und Pipa mutet wie eine
späte Widergutmachung an.
Detlef Heusinger
Tracklist
01 – Ein neuer Anfang
02 – Morning Song & Evening Poem
03 – Identity
04 – Sunset Over Northern Heights
05 – The Silk Pipa Dance
06 – Jade In Strings
07 – Singing Strings – Heart Swing
08 – Silk Bamboo Strings
09 – Black Horse